In lockerer Folge werde ich in dieser Rubrik über Zusammenhänge aus dem Bereich der Schienenfahrzeugtechnik sprechen, speziell zu Themen, die sich mit Fahrwerken von Schienenfahrzeugen beschäftigen. In der heutigen Folge geht es um den Aufbau von Primärfederstufen.
In vielen aktuell am Markt angebotenen Schienenfahrzeugen ist die Radsatzanbindung an den Fahrwerksrahmen über eine sogenannte Radsatzschwinge realisiert. Dies trifft besonders auf Schienenfahrzeuge für den Personentransport zu, wie z. B. Triebwagen, die für höhere Fahrgeschwindigkeiten ausgelegt sind (i. A. vmax ≥ 160km/h). Die Primärfederstufen bestehen im Kern vielfach aus Schraubenfederpaaren, die auf der Radsatzschwinge angeordnet sind und über Federzentrierungen positioniert werden. Die Anbindung des Schraubenfederpaares an den Fahrwerksrahmen geschieht über eine weitere Zentrierung, die sich häufig in einem als „Federtopf“ bezeichneten Teil des Fahrwerksrahmens befindet. Damit taucht das Schraubenfederpaar in den Fahrwerksrahmen ein und ist nach außen nur zum Teil sichtbar.
Bild 1: Aufbau Radsatzführung und Primärstufe
Die Anbindung der Radsatzschwinge an den Fahrwerksrahmen wird über eine Gummi-Metall-Buchse realisiert, der sogenannten Radsatzführungsbuchse. Diese ist im Wesentlichen für die lauftechnischen Eigenschaften des Fahrwerks verantwortlich („Führen“), während dem Schraubenfederpaar die Tragfunktion zukommt. Die Zentrierungen auf beiden Seiten des Schraubenfederpaares positionieren die Innen- und Außenfeder derart, dass es bei den Ein- und Ausfederbewegungen der Radsatzschwinge zu keinerlei Berührungen der Schraubenfedern untereinander kommt.
Durch die gewöhnlich gewählten Steifigkeitsparameter der Radsatzführungsbuchse, sowie durch die Verwendung von Anschlägen in Querrichtung erfolgt die Bewegung der Radsatzschwinge in erster Linie als Folge der Ein- und Ausfederung des Schraubenfederpaares In Form einer Rotation um die Fahrzeugquerachse. Diese Rotationsbewegung überträgt sich auf das Schraubenfederpaar, dass beim hier betrachteten Einfedern der Radsatzschwinge eine kombinierte Schub- und Ausbeulungbewegung in Richtung der Radsatzführungsbuchse ausführt.
Bild 2: Einfedervorgang Primärstufe
Diese Bewegungen des Schraubenfederpaares müssen bei der Konstruktion der angrenzenden Komponenten, z. B. bei der Wahl der Größe des Federtopfes im Fahrwerksrahmen berücksichtigt werden, um eine Kollision der äußeren Schraubenfeder mit der Struktur des Fahrwerksrahmens zu vermeiden. Kommt es zu dieser Kollision, wird im Allgemeinen die Beschichtung der Schraubenfeder beschädigt, so dass ein Korrosionsprozess in Gang gesetzt wird, der im weiteren Verlauf zu einer Bruchinitiierung und bei weiterem Fortschreiten auch zum Versagen der Schraubenfeder führen kann.
Eine Möglichkeit, die Schub- und Ausbeulbewegung der in Schraubenfedern zu reduzieren, ist – neben anderen Effekten, die an dieser Stelle nicht betrachtet werden sollen – die Verwendung einer Zusatzfeder. Die Zusatzfeder wird in der Regel als Gummi-Metall-Bauteil ausgeführt, häufig als Gummischichtfeder. Durch die verringerten Federauslenkungen kommt es gewöhnlich auch zu einer Reduzierung der Belastungen in den Schraubenfedern.
Berücksichtigt werden muss allerdings, dass der zur Verfügung stehende Bauraum für das Schraubenfederpaar durch den Einbau der Schichtfeder reduziert wird. Damit wird auch die Anzahl der federnden Windungen verringert, die Federsteifigkeit steigt an. Soll nun die gleiche Federsteifigkeit erreicht werden, wie beim nicht reduziertem Einbauraum, muss – gleicher Windungsdurchmesser vorausgesetzt – der Drahtdurchmesser angepasst, d.h. verringert werden. Dies hat wiederum einen Anstieg der Bauteilspannungen im Schraubenfederpaar zur Folge. Somit ist ein Optimierungsprozess erforderlich, der die bestmögliche Ausnutzung des Bauraums und gleichzeitig eine spannungsoptimierte Anordnung der einzelnen Komponenten der Primärfederstufe sicherstellt.